MSX-Emulatorboard für den PC

Von der MSX-Messe in Tilburg (Holland) im April 1995 brachten Wolfgang Oberleithner und Manfred Sponseiler eine lange ISA-PC-Steckkarte mit. Es handelt sich um eine Steckkarte, welche es ermöglicht, eine PC zusätzlich in einen MSX2-Computer zu verwandeln. Die Platine wurde vom Philips Computerclub in Holland produziert.

An den PC werden minimale Hardwareanforderungen gestellt: Prozessor ab 8086/88 (also auch XT, da 8-Bit-Steckkarte), ein 3,5"- Diskettenlaufwerk (720 kB oder 1,44 MB) sowie eine beliebige Graphikkarte. Das 3,5"-Diskettenlaufwerk muß (!) als A-Laufwerk konfiguriert sein. Ein zweites Laufwerk wird nicht unterstützt, daher kann es auch 5,25" haben oder gänzlich fehlen. Mit installierter Karte kann der PC wie gehabt genutzt werden, die MSX-Karte wird erst durch die mitgelieferte Software zum Leben erweckt. Man benötigt keine speicherresistenten Softwaretreiber. Am Slotblech hat die Karte drei neunpolige D-Sub-Buchsen. Oben befindet sich der Anschluß für den Monitor (weiblich) und darunter für die beiden MSX- Joysticks bzw. Maus (männlich).

Die Steckkarte wird einfach in einen freien 8- oder 16-bit ISA-Slot gesteckt und festgeschraubt. Wegen der Länge der Karte kann es allerdings etwas Platzprobleme geben; eventuell müssen andere Steckkarten umgesteckt werden. Mit der Karte wird ein Monitorkabel mitgeliefert, welches mit der SCART-Buchse eines Monitors verbunden wird. Allerdings liefert nur das RGB-Signal ein farbiges Bild. Das Video-Signal enthält keinen Farbträger und liefert daher nur ein S/W-Bild, somit ist es nur ein BAS-Signal und kein FBAS-Signal. Daher ist farbige Videoaufzeichnung nicht möglich. Ein Anschluß an ein Fernsehgerät funktioniert nur mittels SCART und das Gerät muß RGB unterstützten, ansonsten sieht man wieder nur Schwarz/Weiß. Das Kabel ist mit ca. einen Meter reichlich kurz geraten, eventuell muß man sich ein SCART- Verlängerungskabel (Buchse-Stecker) kaufen oder selbst zusammenlöten.

Das reguläre PC-Bild sieht man wie gehabt am PC-Monitor, die MSX-Karte liefert ihr Bild am MSX-Monitor. Wenn der PC eine CGA-Graphikkarte besitzt, dann kann man das CGA-Signal mittels eines mitgelieferten Adapterkabels an die MSX-Karte anschließen. Somit genügt ein MSX-Monitor sowohl für das Bild der CGA-Grafik und des MSX. Die Umschaltung erfolgt automatisch. Allerdings muß der Monitor 60Hz vertragen.

Ein Blick auf die Karte zeigt, daß es sich hardwaremäßig etwa um einen VG 8235 Version 22 von Philips handelt. Es befinden nur vier höher integrierte Schaltkreise darauf: Der Prozessor Z80A (Zilog), der Videoprozessor V9938 (Yamaha), die MSX-Engine S 3527 (Yamaha) und eine zweite Engine M60003A (Kyocera). Neben Kleinbauteilen und einfachen Logik-ICs sind noch 8 dynamische RAM-Chips des Typs 41464 anzutreffen sowie ein EPROM des Typs 27512. Die 5V-Versorgungsspannung wird mittels eines Spannungsreglers des Typs 7805 aus den 12 Volt des PCs gewonnen. Der Video-Teil ist relativ einfach gehalten, ein PAL-Encoder sowie HF-Modulator fehlen.

Tastatur, Drucker, Echtzeituhr und Diskettenlaufwerk werden vom PC zur Verfügung gestellt. Sowohl einseitige (360 kB) als auch doppelseitige (720 kB) MSX-Diskettenformate werden unterstützt. Zwei Joystickports auf dem Slotblech der Karte ermöglichen den direkten Anschluß von MSX-Joysticks und einer MSX-Mouse. Wahlweise kann auch die PC-Maus mitbenutzt werden. Ebenso kann die serielle PC-Schnittstelle mitbenutzt werden; allerdings müssen MSX-Terminal- Programme mittels eines mitgelieferten Dienstprogrammes gepatcht werden. Anstelle des zweiten Diskettenlaufwerkes kann eine RAM-Disk konfiguriert werden, welche sich ausschließlich im RAM des PCs befindet, aber nur 360 kB groß ist.

Ein MSX-Slot steht mittels eines Adapterkabels zur Verfügung. Aber leider war gerade bei diesem Kabel die obere und untere Kontaktreihe des Slotes vertauscht, so daß dieses nach dem Anschluß eines Konami-Moduls gleich nach dem Einschalten des PCs verschmorte. Zum Glück haben weder Karte noch Modul Schaden erlitten und ein selbst gebasteltes Kabel mit richtiger Belegung stellt nun den Slot 1 zur Verfügung. (Besten Dank an den 7805, welcher den Strom begrenzte!) Allerdings ist dieser nicht von außen zugänglich.

Aktiviert wird die Karte mittels der auf Diskette mitgelieferten Software. Diese läuft nur auf DOS-Systemen. Unter Multitasking-Systemen wie Windows oder OS/2 funktioniert diese nicht. Durch Drücken der Tasten STRG-DRUCK
kann jederzeit die Emulation unterbrochen werden. Dann hat man die Möglichkeit den MSX zu reseten oder zur DOS-Ebene zurückzukehren. Geschwindigkeitsmäßig gibt es keinen Unterschied zu einem realen MSX, da der Prozessor mit der gleichen Taktgeschwindigkeit arbeitet. Lediglich der Diskzugriff ist etwas langsamer.

Wie sieht es mit der MSX-Softwareverträglichkeit aus?

Es besteht höchste Kompatibilität zum MSX2-Standard, was auch nicht weiters wundert, da ja die gleichen Integrierten Schaltkreise verwendet wurden. Programme welche direkt auf der untersten Ebene die Tastatur oder den Diskettenkontroller abfragen, haben hier natürlich ein Problem. Dennoch funktionieren viele sektorgeschützte Programme wie z. B. der Graph-Saurus. Erstaunlicherweise funktioniert das Diskettenformatieren mit CALL FORMAT nicht. Die Diskette wird zwar formartiert, beim Schreiben der Boot-Information ist es dann aber aus. Diskettenkopierprogramme, welche zwei Laufwerke erwarten, funktionieren ebenfalls nicht.

Diese Einschränkung ist aber nicht weiter tragisch. So kann das Shareware-Programm "VGACOPY" auch am PC einseitige MSX-Disketten kopieren. Auf doppelseitige Disketten kann ja sowieso mit MS-DOS direkt zugegriffen werden.

Eine Besonderheit ist MSX-DOS2. Man kann das Modul an den Slot anschließen. Bootet man den MSX ohne Diskette im Laufwerk, dann kommt man ganz normal in das DISKBASIC 2.0. Die CALL-Befehle betreffend Subdirektories funktionieren wie gehabt. Auch läßt sich das Modul in Version 2.22 deaktivieren, in dem man beim Booten des MSX die emulierte SELECT-Taste auf der Tastatur drückt. Allerdings ist es unmöglich, bei aktivem MSX-DOS2 ein Betriebssystem von Diskette zu booten (weder MSX-DOS1 noch MSX-DOS2); auch nicht mit CALL SYSTEM von BASIC aus. Schon beim Einlesen des Bootsektors steht der MSX. Somit kann man MSX-DOS2 mit Ausnahme von DISKBASIC 2.0 vergessen. Offensichtlich greift MSX-DOS2 beim Booten von Diskette zu tief ins System hinab.

Und hier noch die Belegung der Monitorbuchse:

Weibliche Buchse auf der Steckkarte

        -------------
      5 \ o o o o o / 1
       9 \ o o o o / 6
           ---------

entspricht männlichem Stecker auf dem Verbindungskabel (von vorne gesehen)

        -------------
      1 \ o o o o o / 5
       6 \ o o o o / 9
           ---------

D-Sub-Stecker                        Scart Stecker
===========                       ==========

Pin 1    Ground                         Pin 4 (Audio) Ground
Pin 2    Video BAS                   Pin 20 (FBAS) Video Eingang
Pin 3    Rot                               Pin 15 Rot Signal Eingang
Pin 4    Grün                             Pin 11 Grün Signal Eingang
Pin 5    Blau                             Pin 7 Blau Signal Eingang
Pin 6    Schaltspannung            Pin 8 Schaltspannung
Pin 7    RGB-Austastung          Pin 16 Eingang RGB-Austastung
Pin 8    Audio links                  Pin 6 Eingang Audio links
Pin 9    Audio rechts                Pin 2 Eingang Audio rechts

beide (Kabel-)Abschirmungen (Pin 10 bzw. Pin 21) sind ebenfalls verbunden.
 

Franz Bachler

 zurück